Die Baumkontrolle ist ein weitläufiges Arbeitsfeld und nicht immer kann der Kontrolleur durch einen einzigen Blick entscheiden, ob der Baum gesund ist und den Anforderungen an ihn gewachsen ist. Als langjähriges Unternehmen halten wir die Baumkontrolle vom Auto aus, oder durch ein Bild für dubios. Eine fachliche Kontrolle beinhaltet die visuelle Inaugenscheinnahme aller Baumbestandteile vom Boden aus.
"Neue Leute dürfen nicht Bäume ausreißen, nur um zu sehen, ob die Wurzeln noch dran sind."
Henry Kissinger
Das folgende Bildmaterial zeigt einige Fälle aus unserer Praxis und soll die Problematiken, die einem Baumkontrolleur begegnen, aufzeigen.
Der gezeigte Ahorn weist starke Rindenschäden auf. Beim Entfernen des Efeus und Einstich mit dem Sondierstab zeigt sich die Fäule im Stammfußbereich. Der Holzkörper in dem Bereich ist nicht mehr tragfähig. Eine Fällung ist notwendig.
Die Kastanie zeigt eine Wunde im Starkastbereich. Die Kastanie gilt als eher schlechter Kompartimentierer und kann daher die Wunde trotz Verwendung von Wundverschlussmittel kaum Abschotten. Es zeigt sich daher der Verlauf der fortschreitenden Fäule.
Ein immer wieder auftretender Punkt ist der Schutz eines Baums auf einer Baustelle. Hier ist eine interessante Konstruktion gezimmert worden, wobei der Verschlag den Baum kaum vor Beschädigungen schützen kann. Auch ein mobiler Bauzaun ist keine Alternative, da dieser sehr leicht den Anforderungen der Baustelle nach verschoben werden kann. Der Wurzelteller sollte frei von Erdreich oder sonstigem gelagertem Material sein. Verdichtung durch Maschinen o.ä. sind zu vermeiden.
Immer wieder gern auf Baustellen gesehen, sind Aufgrabungen im Wurzelbereich. Hierbei werden oft Starkwurzeln mit Baggern verletzt. Diese abgerissenen Wurzeln sind gerne Eintrittspforten für wurzelbürdige Pilze. Die Folgen derer sind erst nach Jahren erkennbar. Sinnvoll ist es, eine Vegetationsperiode vor Baustellenbeginn den notwendigen Bereich mit einem Wurzelvorhang zu schützen. Starkwurzeln sind wesentlich für die Standsicherheit eines Baumes und daher vor Beschädigungen oder Überfahren zu schützen. Aufgrabungen im Wurzelbereich sollten in Handausschachtung oder mit Absaugtechnik durchgeführt werden.
Der Brandkrustenpilz galt in den letzten Jahren als aggressiver Weiß- und Moderfäuleerreger und oftmals wurde eine Fällung durchgeführt. Die letzten Erfahrungen zeigen, dass verschiedene Baumarten gut damit umgehen können, sofern die Vitalität ausreichend ist. Die hier gezeigte Birke gehört nicht zu den resistenten Arten und muß daher gefällt werden. Mehrstämmige Bäume sind auch bei Fällungen als ein Baum zu sehen, da diese sich aus einem Wurzelgeflecht ernähren.
Bei Rindenschäden ist zu beurteilen, welche Gewebearten betroffen sind. Ist nur die Borke betroffen oder auch die Wachstumsschicht, oder sogar die Leitbündel für Wasser oder Assimilate. In dem hier gezeigten Fall ist der Schaden bis tief in das Splintholz hinein vorhanden. Eine Reaktion im Kronenbereich mit absterbenden Astpartien ist wahrscheinlich.
Pilzfruchtkörper an Bäumen sind immer ein Alarmsignal. Es gilt zu klassifizieren, um welchen Pilz es sich handelt, ob er saphrophytisch, parasitär, oder beides oder auch pathogen ist. Des Weiteren erzeugen verschiedene Pilzearten unterschiedliche Typen von Fäule z.B. Weißfäule, Braunfäule oder Moderfäule. Der gezeigte Zundenschwamm an der Birke befällt bereits geschwächte Bäume (saphrophytisch) und löst Weißfäule aus.
Für den Baumkontrolleuer oftmals schwierig einzuschätzen ist Efeu. Gilt es doch als Brut- und Niststätte für Vögel und kann in Klimazonen mit stärkeren Temperaturschwankungen dem Baum helfen, diese auzugleichen. Gleichwohl sieht der Baumkontrolleur überrankte wichtige Teile des Baums nicht und kann daher nicht erkennen, ob Pilzfruchtkörper oder Höhlungen am Baum vorhanden sind. Wenn das Efeu in die Krone eindringt, konkurriert es im Baum um das Licht zur Photosynthese und somit um Nahrung. Des Weiteren kann die Last besonders bei starken Niederschlägen oder Schnee zu Astabbrüchen führen.
Das Bild zeigt den Brandkrustenpilz (Kretzschmaria deusta) in seinen beiden vorkommenden Fruchtformen.
Pilze stellen ein faszinierendes Thema dar. Vom Schleimpilz bis zum Ständerpilz sind diverse Formen und oftmals schöne Exemplare zu finden. Viele Pilze leben in Symbiose als Ekto- oder Endomykorriza mit dem Baum zusammen und unterstützen ihn bei der Aufnahme von Wasser und darin gelösten Nährstoffen. Der holzzersetzende Pilz selbst ist kein Schaderreger im eigentlichen Sinn, sondern hilft, im Kreislauf des Lebens die Ressourcen eines Baums (Lignin, Zellulose und Hemizellulose) zu zerkleinern und Bakterien verfügbar zu machen. Der Pilz hat dabei seine eigenen Überlebensstrategien entwickelt, um im Baum, der sich redlich gegen den Eindringling wehrt, leben zu können. Unter anderem kapselt er sich durch Demarkationslinien gegen den Holzkörper ab und erzeugt in diesem abgeschotteten Bereich sein eigenes Klima, um zu reifen und sich zu ernähren.
Der putzige Eichenprozessionsspinner ist bereits in vielen Städten und deren Zeitungen angekommen und publik geworden. Seine Prozession durch bevorzugt Stiel-Eichen (Quercus robur), manchmal auch durch Hainbuchen (Carpinus betulus) lässt ihn die Blätter seines Baumes bis auf die Blattnerven abfressen. Die Larven häuten sich mehrmals und hinterlassen ihre reizenden Brennhaare in Gespinnsten, welche durch die Luft wirbeln können. Auch als Fachmann im Baum sind diese Brennhaare gefährlich und können zu juckenden Hautreizungen führen. Als Bekämpfungsmaßnahme sind Absaugen, Abflammen oder bis zu einem bestimmten Raupenstadium der Einsatz eines zu spritzenden Bakteriums möglich.
Die heimische Rotbuche (Fagus sylvatica) hat es im Buchenstandort Deutschland nicht immer leicht. Als Schattbaumart reagiert sie auf starke Sonneneinstrahlung mit Sonnenbrand und Nekrosen, wobei das Kambium abstirbt. Der Baum ist dann dem Tode geweiht.
Auch Buchen sind gegenüber starken Rückschnitten nicht immun. Die großflächigen Verletzungen können durch den Baum nur sehr schwer abgeschottet werden. Zusätzlich wird das nicht mehr aktive Kernholz verletzt, welches selbst über keine aktiven Abwehrmechanismen verfügt. Die Folgen sind im Bild gut zu erkennen. Starkastschnitte sind in vielen Fällen unbegründet und zeugen bei ausführenden Firmen oftmals von mangelndem Sachverstand über die Physiologie des Baumes.
Eingewächsene Zäune oder andere Gegenstände, gleichgültig aus welchem Material, werden durch das Dickenwachstum überwallt und in das Holz als tragendes Element eingebaut. Oft sind es dann solche Stellen, an denen das notwendige Bruchmoment erreicht wird und der Baum der Last seiner Krone nicht mehr standhält.
Wieder ein oftmals vorkommendes Exemplar eines Pilzes ist der Hallimasch. Als Speisepilz von Eingeweihten geschätzt, gilt er für den Baumkontrolleuer als Kambium-Killer und zerstört diese lebensnotwendige Wachstumsschicht. Der Baumkontrolleur sollte dies anhand der Vitalität erkennen und die schwarzen Rhizomorphen sowie das weißliche Myzel unter der Rinde vorfinden. Dringt er in das Kernholz ein, verursacht er Weißfäule.
Höhlungen sind ein offensichtliches Defektsymptom am Baum. Für den Kontrolleur stellt sich die Frage, inwiefern die Stand- und Bruchsicherheit durch diese beeinträchtigt wird. Viele Faktoren sind hierbei zu beachten: welche Restwandstärke ist vorhanden, ist eine Fäule in der Höhlung, ist die Höhlung nass oder trocken, sind Insekten eingedrungen, sind Pilzfruchtkörper zu erkennen usw.
Für den Autofahrer stellt ein Anfahrschaden ein Ärgenis, für den Baum eine ernsthafte Verletzung dar. Der Baumpfleger kann hier versuchen, innerhalb der ersten 24 Stunden nach Schadensereignis ein Wundpflaster anzubringen, um so die Bildung eines Flächenkallus zu begünstigen. In dem vorliegenden Fall ist dies jedoch aussichtslos.
Aus unserer Praxis gibt es oft Kunden mit dem Wunsch, einen Baum klein zu schneiden. Leider ist nicht nicht möglich. Das biologische Lebewesen Baum ist durch seine Genetik darauf programmiert, phototrop zu sein und sich dem Licht hinzuwenden und in die Höhe zu wachsen. Ein Kleinschneiden führt zur Kroneneinkürzung und somit zur Verkleinerung der Assimilationsfläche. Dem Baum wird die Nahrung entzogen worauf er mit Wachstumsstörungen reagiert. Speziell das gestörte Wachstum im Wurzelbereich führt zum Absterben der Wurzel, wodurch der Baum seine Verkehrssicherheit verliert. In dem gezeigten Bild ist der Begriff Kroneneinkürzung nicht treffend.
Das Bild zeigt eine Lärche (Larix decidua), welche mittels Verspannung und Stacheldraht aufgrund ihrer Schräglage am Umfallen gehindert werden sollte. Der Baum integriert das Material entsprechend durch Überwallen.
Die Pappel steht auf einem Platz, welcher als Parkfläche genutzt wird. Durch das Überfahren haben sich Teile der Zugwurzel gelöst und Fäule ist eingedrungen.
Ein Thema im städtischen Bereich ist die Baumscheibe. Wieviel benötigt der Baum und wie kann eine Baumscheibe für Fußgänger und parkende Autos begeh- bzw. befahrbar gemacht werden. Im Bild ist die Baumscheibe für die Robinien zu klein gewählt worden.
Gartengestaltung ist ein schönes und umfangreiches Thema, jedoch nicht alles, was gut aussieht, tut auch dem Baum gut. Hier wurde bei einer stattlichen Fichte (Picea abies) der gesamte Wurzelumkreis mit Steinpalisaden umrandet. Dabei wurden nicht nur die Haltewurzeln verletzt, auch die für die Ernährung notwendigen Haarwurzeln wurden abgetrennt. Der Baum hat dies mit dem Abwurf seiner Nadeln quittiert und musste entfernt werden.
Linden wurden früher oftmals als Gerichtslinden oder Tanzlinden gepflanzt und geschätzt. Linden als Schattbaumart möchten sich selbst durch Stamm- und Stockausschläge vor zu starker Sonneneinstrahlung schützen. Der Durchtrieb dieser ist jedoch nicht immer sinnvoll. Es kommt daher vermehrt an diesen Stellen zu Verdickungen, wie dieses Bild zeigt. Die Linde zeigt desweiteren in der Mitte ein Spaltung und auf der rechten Seite ein Drainage-Röhrchen, wie es früher in der Baumchirugie gelehrt wurde.
Auch die deutsche Eiche ist nicht vor Parasiten geschützt. Geschwächte Eichen können vom Eichenheldbock befallen werden, der seine Larven in den Splint einbringt. Die Larven fressen sich durch den Holzkörper. Dieser Schaden ist für den Baum oftmals kritisch. Jedoch ernähren sich die Larven vom mitgebrachten Ambrosia-Pilz, welcher in die Leitungsbahnen des Baums eindringt und dadurch die Nahrungsversorgung stört.